Das Werk Erich Klahns
Von Kohlezeichnungen, Ölgemälden über Teppichentwürfe und Altäre bis zu Emaille-Arbeiten und Porzellanbemalungen erprobte Erich Klahn seine Fertigkeit in unterschiedlichen Techniken und Genres. Der Einsatz dynamischer Kompositionen, die Verwendung unterschiedlicher Bildausschnitte oder die Abbildung von Geschichten durch die Reihung einzelner Sujets durchziehen das gesamte Œuvre und dokumentieren die vielschichtigen Zusammenhänge der einzelnen Werkgruppen. Klahn lässt sich keiner zeitgenössischen Stilrichtung des 20. Jahrhunderts zuordnen. Im Streben nach der mittelalterlichen Einheit von Kunst und Handwerk sind spätimpressionistische sowie expressionistische Auseinandersetzungen zu erkennen. Den mittelalterlichen Formwillen führt der Maler in eine moderne Bildsprache über und bildet so einen Stil aus, der nicht nur innerhalb der angewandten Kunst und Malerei des 20. Jahrhunderts unverwechselbar bleibt.
Gemälde
Bildausschnitt: Rückzug der Napoleonischen Armee aus Russland, 1938
Traditionelle Darstellungsmethoden, etwa aus der Formensprache mittelalterlicher Glasfenster, verknüpft Klahn mit expressionistischen Anreizen. Seine Sujets fasst er in klare Konturen, die durch einen intensiven Farbauftrag gefüllt werden. Im Bildaufbau seiner Gemälde verengt sich der Handlungsraum häufig auf der vordersten Bildfolie – ein Prinzip, das an Malereien der sogenannten Neuen Sachlichkeit erinnert. So treten die dargestellten Personen dem Betrachter direkt gegenüber oder aber der Mensch geht in der Weite dramatischer Stimmungslandschaften beinahe verloren. Das Spektrum umfasst Porträts, Stillleben und Landschaftsmalereien auf Leinwänden und Holztafeln. Herausragend sind die Altarretabeln, die farbenprächtig und ausdruckstark zumeist als Auftragsarbeiten für Kirchenräume entstanden.
Aquarelle
Bildausschnitte: Aquarelle 1929 – 1932
In den 1920er Jahren unternimmt Klahn Studienreisen nach Italien, Spanien, Belgien und in die Niederlande. In zahlreichen Skizzen sammelte er Eindrücke von Landschaft, Architektur und Menschen. Es sind Motive, auf die er sein gesamtes Schaffen hindurch zurückgreifen wird. Zarte Federzeichnungen geben die Formen vor, im Vordergrund aber steht eine dichte Farbigkeit.
Leuchtend grüne, rote oder blaue Flächen tauchen Kirchen, Kreuzgänge, Meerlandschaften in ein mythisches Licht.
Der ungewöhnliche Farbauftrag, der feinste Farbverläufe ermöglicht sowie extreme Ansichten – von der Untersicht bis zur Vogelperspektive – prägen diese Werke.
Das Hauptwerk: Die Ulenspiegel-Aquarelle
Ulenspiegel Illustrationen
Über mehrere Jahrzehnte hinweg schuf Klahn mit den Ulenspiegel-Aquarellen sein umfangreichstes bildkünstlerisches Werk.
In insgesamt 1312 Einzelszenen bringt er den Ulenspiegel-Roman von Charles de Coster zu Papier, den der Autor 1867 erstmals veröffentlicht hat. In leuchtenden Farben entführt uns der Maler nach Flandern in die Zeit des Achtzigjährigen Krieges.
Dort lässt de Coster den berühmten Till Eulenspiegel vom volkstümlichen Narren zum Freiheitskämpfer Flanderns reifen. In seinen Aquarellen entwickelt Klahn einen unabhängigen malerischen Erzählstil, der sich teilweise an filmischen Erzählstrategien orientiert. Kongenial gestalten die Ulenspiegel-Aquarelle de Costers Werk mit den Mitteln der Malerei. Entstanden ist ein ungewöhnliches Œuvre höchster Qualität.
Teppiche
Bildausschnitt: Wieland-Teppich, 1940
Die Einheit und Arbeitsteilung von Kunst und Handwerk macht Klahn zu den Grundlagen seines künstlerischen Selbstverständnisses: Der Künstler liefert die Idee, gibt den Entwurf vor, überlässt dann die Ausführung einer ausgebildeten Weberin/Stickerin. So entstehen die Teppiche nach Entwürfen in enger Zusammenarbeit mit der Teppichwerkstatt von Carlotta Brinkmann. Diese Arbeitsteilung, die ihren Ursprung in der „Bauhütte“ hat, verfolgt Klahn sein ganzes Leben hindurch, sofern
er der technischen Fähigkeiten nicht selbst mächtig ist. Die gewirkten oder gestickten Teppiche zeugen von einem mittelalterlich geprägten Geist, der das künstlerische Handeln im Nutzen für den einzelnen Menschen oder die Gemeinschaft sieht.
Zeichnungen
Bildausschnitt: Aus „Der Kreuzweg“, 1947
Das zeichnerische Werk Klahns erstreckt sich von der handwerklichen Vorstufe, als Kompositions- oder Entwurfszeichnungen,
bis hin zu eigenständigen Arbeiten. Sie alle zeigen den typischen Zeichen- und Malstil mit Betonung der Kontur. Die Darstellungen sind auf wenige Merkmale in einfachen Linien reduziert, bei den Figuren treten Gesichter, Hände und Füße hervor, Mimik und Gestik werden im Dienste der Vermittlung bildinterner Erzählungen überspitzt wiedergegeben. Bisweilen zeichnete Klahn in expressiv geschwungen Linien, nicht selten mit einem karikativen Charakter. Vor allem im Spätwerkt stehen zarte Bleistiftzeichnungen den kräftigen, in Kohle gefassten Blättern gegenüber.
Werke für den liturgischen Gebrauch
Bildausschnitt: Passionsaltar, Gethsemane-Altar, 1939
Klahns tiefempfundene Religiosität dokumentiert sein andauerndes Interesse an der Gestaltung christlicher Kunst, am deutlichsten zeugen davon seine Werke für den liturgischen Gebrauch. Insgesamt acht Altäre listet das Werkverzeichnis auf, hinzu kommen Gemälde, Zeichnungen, Entwürfe für Stickereien und Kruzifixe. Vor rotem Grund enthebt er die Szenerien der Altarretabel einer profanen Welt, zeigt Golgatha in einer Weltuntergangslandschaft an deren Horizont schon die Ostersonne leuchtet.
Glasfenster
Bildausschnitt: Christuskopf, 1922. Detail des Soldaten-Ehrenmals
Glasfenster zählen zu den ersten offiziellen Aufträgen, die Klahn erhält, darunter der Auftrag für das Soldaten-Ehrenmal von 1922. Typischerweise ist ein Gerüst aus Bleiruten bestimmend für den Bildaufbau, die Konturen der Darstellung und ihrer Einzelteile.
In die gläsernen Scheiben trägt der Maler mit schwarzer Farbe die Linien der Binnenzeichnung auf. Zusätzlich kratzt er klar definierte Strukturen mit dem Pinselstil in die Farbflächen ein, wodurch eine zeichnerische Wirkung verstärkt wird.
Emaille
Emailleschrein
1955 erwarb Erich Klahn einen Brennofen und erweiterte sein künstlerisches Spektrum erneut. Entstanden sind mehrfarbige Emaille-Arbeiten. Meisterlich zeugen vor allem die beiden Schreine zur Argonautensage und zum Alten Testament von Klahns handwerklicher sowie künstlerischer Fertigkeit. Wieder verknüpft er ausdrucksstarke Motive zu einer narrativen Reihe und entfaltet auch in diesem Medium mit schwungvollen Strichen individuell und expressiv sein ganzes Können.